Weihnachtsmarkt für die Flutopfer in Schleiden-Gemünd

Unvorstellbare Wassermassen haben in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 die Region Trier und das Ahrtal in der Eifel getroffen. Die Folgen: Viele Tote und Verletzte sowie Schäden in Milliardenhöhe. So lautete der Bericht über eine bis dato unvorstellbare Katastrophe in Deutschland.

Nach der Flut mussten im Ahrtal viele Häuser abgerissen werden. Jetzt klaffen in den Gemeinden entlang der Ahr zahlreiche Baulücken. Der Großteil der Häuser, die stehen bleiben konnten, ist entkernt und steht leer, weil die Gebäude trocknen müssen, so die aktuelle Situation. Bestimmt flachen die Berichterstattung und die Hilfsaktionen im Laufe der Monate ab, so der Gedanke von Manuela Ohlinger. Einfach nur spenden? Nein, sie wollte aktiv werden. Und der Gedanke war geboren, zur Weihnachtszeit eine Aktion für die Betroffenen im Ahrtal zu starten. Die „Alte Garde“ Ü35 des FFC Niederkirchen war sofort Feuer und Flamme für die Idee, durch einen eigens für Betroffene stattfindenden Weihnachtsmarkt ein Lächeln in die Gesichter von Flutopfern zu zaubern.

Die Kontaktaufnahme mit verantwortlichen Personen, die sich für solch eine Aktion begeistern lassen, gestaltete sich sehr schwierig. Als „Hallo Deutschland“ über das Eifel-Chalet in Schleiden-Gemünd berichtete, deren Betreiber Eheleute Lehmann alle touristischen Buchungen der Chalets stornierte, um diese den Flutopfern zur Verfügung zu stellen, war klar, das sind die passenden Ansprechpartner vor Ort.

In Schleiden-Gemünd wurden Betroffene u.a. aus Kindergärten, Sportvereine, das Altenheim usw. gebeten, Wunschzettel abzugeben. Diese sollten eingescannt und via Mail an Manuela gesendet werden. Sagt sich so einfach … Es gab keine technischen Möglichkeiten mehr nach der Flut. Die Übermittlung erfolgte schließlich per Handy.

Und hier ging das Engagement der Ü35 in dem Ausmaß vonstatten, wie sie früher gekickt haben – mit
Vollgas.

In Freundes- und Familienkreis wurden die Wunschzettel weitergegeben und erfüllt. Es erfolgten Spendenaufrufe in unterschiedlichster Form und jeder, der den Wunsch hatte, etwas beizutragen wie Christstollen, Gebäck, Brötchen, Glühwein, Kinderpunsch, Bratwürste, Saumagen, sonstige Getränke, Sachspenden etc. konnte dies tun. Auch das eingerichtete Paypal-Konto: weihnachtsaktiongemünd@gmx.de sammelte einiges an Spendengeldern zusammen.

Das Unvorstellbare geschah: 184 Wunschzettel wurden erfüllt. Ob Spielsachen, Handys, Eingangstreppe, Kaminofen u.v.m.. Ja, den Menschen vor Ort fehlt schlichtweg häufig die Zugangsmöglichkeit zu ihrem Haus und die Möglichkeit, ihre Häuser zu heizen. Dies ist u.a. der Tatsache geschuldet, dass die Hilfe aus den bisher geflossenen Spendengeldern nicht so unbürokratisch erfolgt, wie dies oft dargestellt wird. So muss häufig zunächst ein Antrag bei einer evt. bestehenden Versicherung sowie beim Land auf Unterstützung gestellt werden. Erst wenn aus diesen Quellen keine Hilfe erfolgt, kann ein Antrag auf Spendengelder gestellt werden, berichteten Betroffene. Doch ohne Unterlagen, denn auch diese sind in den meisten Fällen den Fluten zum Opfer gefallen, dauert dies ewig.

Außer den erfüllten Wunschzettel erfolgten zahlreiche Sachspenden von Privatpersonen und Schulen (Realschule plus Bellheim, IGS Am Nanstein Landstuhl …) aus denen sich alle,  die kamen und keinen Wunschzettel ausgefüllt hatten, etwas aussuchen und so eine Freude machen konnten.

Auch für das leibliche Wohl in ausreichendem Maße gesorgt. Dank den vielen Spendern, unter anderem von

  • Stähly Metzgerei und Catering
  • Die Weinmacher
  • Coca Cola
  • Rotes Kreuz
    und viele mehr….

gab´s Saumagen und Bratwürste mit Brötchen, Christstollen, Gebäck, Waffeln, Glühwein, Punsch, sonstige Getränke, die auch Leib und Seele erfreuten.

Doch zuvor gab es noch eine Herausforderung: Wie alles transportieren? Genau so: Gesammelte Sachspenden wurden in der Garage von Melanie gesammelt und dann in einen Lkw vom roten Kreuz und zwei Sprinter (Talentbus vom FFC und Rotes Kreuz) umgeschichtet. Ein Teil der Mannschaft fuhr mit Sack und Pack am Freitag, 10.12.2021 nach Schleiden-Gemünd und checkte schon mal die Lage. Wo wird übernachtet und wo kann der Weihnachtsmarkt aufgebaut werden?

Am Samstag, 11.12.2021 zu nachtschlafender Zeit (5 Uhr in der Früh) folgte dann der Rest der Mannschaft im Sprinter von Familie Weisbrodt-Barth unterstützt von zwei Jung-FFClern, Laura und Pascal sowie Klaus Barth. Vor Ort eingetroffen war der Lkw schon ausgeladen und es konnte tatkräftig an den Aufbau des Weihnachtsmarktes gegangen werden. Jeder packte mit an und ohne große Aufgabenvergabe klappte die Organisation hervorragend. Das geht nur in einem eingespielten Team.

Der Count Down lief – noch fast zwei Stunden waren Zeit, bis der Weihnachtsmarkt startete und von 14-18 Uhr Gesichter verzaubert werden konnten. Auch wenn das Wetter nicht ganz mitspielte, kamen viele Betroffene, um sich eine „Auszeit“ von der Katastrophe zu nehmen.

So erzählte uns eine über 80jährige Dame unter Tränen, dass sie in den Fluten alles verloren habe. Kann man sich das vorstellen? Nein. Bedenke, die Dame hat schon einmal katastrophale Zeiten, nämlich den Krieg miterlebt, so ihre Aussage, und jetzt wieder alles verloren. Ein junges Ehepaar befand sich glücklicherweise im 1.OG ihres Hauses, als die Flut von einer Sekunde auf die andere kam. Der Gedanke, steigt das Wasser weiter, kommen wir mit dem Leben davon – unvorstellbar. Sie zeigten uns ihr Haus, dessen EG sich noch im Rohbauzustand befindet. Die Aufbauhilfe geht leider sehr schleppend voran, u.a. aus den bereits erwähnten Gründen. Sowohl die zuvor erwähnte Dame als auch das junge Ehepaar leben seither in einem der Eifel-Chalets. Solche Berichte berührten uns sehr und führten uns vor Augen, wie zufrieden wir sein können, dass wir doch i.d.R. alles haben was wir brauchen und noch vieles mehr. Leider wissen wir das manchmal nicht zu schätzen. Der Weihnachtsmarkt wurde auch musikalisch durch einen Chor mit weihnachtlichen Liedern bekleidet und unterstützte die positive Stimmung der Betroffenen und Akteure.

Auch Tibbel – das Maskottchen reiste mit an und Tine erzählte seine Geschichte über den Verlust des Maskottchen und das Happy-End der Wiederbeschaffung. Hintergrund dieser tollen Aktion ist, dass die Bambinifußballmannschaft des SV Nierfeld 1929 in den Fluten auch ihr Maskottchen verloren hat. Und schwupps wurde auch dieser Verlust wett gemacht, zur Freude der Kinder. Zudem wird eine Patenschaft für die 28 Fußballbambinis übernommen.

Gegen 19 Uhr begannen die Aufräumarbeiten. Die Geschenktische waren weitestgehend geleert und die Betroffenen mit Speisen und Getränken auch für zu Hause versorgt. Der Abend klang mit Austausch der Erlebnisse bei Glühwein und Boosterimpfung (Ingwerschnaps) aus und alle fielen erschöpft in ihre Betten in den tollen Chalets, die uns zur Übernachtung bereitgestellt wurden.

Am Sonntag, 12.12.2021, erfolgten nach einem gemeinsamen Frühstück die restlichen Aufräumarbeiten und es ging glücklich und erfüllt zurück in die Heimat.

Über diese tolle Aktion wurde auch in Radio SWR1, SWR aktuell und Fernsehen SWR aktuell ausführlich berichtet, was die Wertschätzung der Öffentlichkeit für solch ein Engagement zeigt. Diese geniale Idee, einen Weihnachtsmarkt für die Flutopfer in der Eifel - in Schleiden-Gemünd - zu organisieren wird keine einmalige bleiben. Die „Alte Garde“ sammelt weiter Wunschzettel, die hoffentlich wieder mit zahlreichen Spenden erfüllt werden können und wird von Zeit zu Zeit ins Ahrtal reisen, um Lächeln in die Gesichter von Betroffenen zu zaubern.

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